Ronald Stöferle | Rahim Taghizadegan | Gregor Hochreiter: Die Nullzinsfalle: Wie die Wirtschaft zombifiziert und die Gesellschaft gespalten wird.
München 2019: Finanzbuch Verlag, ISBN: 978-3959720199, Preis: 16,99€.
Selten hat mich ein Finanzbuch so sehr gepackt wie „Die Nullzinsfalle“ der drei österreichischen Autoren. Das Buch behandelt die desaströsen wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Nullzinspolitik. Trotz der Verwendung einiger nicht unbedingt geläufiger Fachtermini wird dieses recht komplexe Thema fundiert und schonungslos objektiv dargestellt. Auch ein Nicht-Ökonom kann somit Zusammenhänge gut verstehen.
Die ersten beiden Kapitel befassen sich zunächst mit der aktuellen Situation und wie es nach der Finanzkrise von 2007/2008 überhaupt dazu kommen konnte. Besonders gelungen ist das dritte Kapitel, denn hier wird ganz intensiv auf die gesellschaftlichen Folgen der Nullzinspolitik eingegangen. Konsumkredite sind extrem günstig, Sparen erscheint nicht mehr attraktiv, so die Autoren. Alles gleichzeitig zu haben, wird daher gegenwärtig zur Verheißung. Diese Überbetonung der Kurzfristigkeit hat aber auch ihren hohen Preis, denn mangelnde Vorsorge kann später verheerende Folgen für die Menschen haben.
Es wird verdeutlicht, dass ein Nullzins den Vorauskonsum in hohem Maße ermöglicht. Damit steigt aber auch die Zahl der Schuldner. Die Disziplin, die eigentlich für den Kapitalaufbau nötig wäre, geht jetzt in eine „Rückzahlungsdiziplin“ von Krediten und anderen Verbindlichkeiten über. Am Ende kann dies zu einem Verlust der eigenen Freiheit führen, wenn überwiegend der Schuldendruck motiviert, in einem „Bullshit-Job“ auszuhalten.
Im weiteren Verlauf des Kapitels werden die dramatischen Auswirkungen der Nullzinspolitik auf die Altersvorsorge beschrieben. Die Autoren gehen davon aus, dass es das Rentensystem durch den demografischen Wandel in unserer Gesellschaft in 20 Jahren in der derzeitigen Form nicht mehr geben wird. Die meisten Menschen denken jedoch, die Renten und Beamtenpensionen seien scheinbar sicher. Doch diese Denkweise könnten sich als Trugschluss erweisen, denn schon heute sind Renten und Pensionen vom Staat erheblich über Schulden subventioniert.
Der Weg aus dem Niedrigzinsumfeld wird schwierig und ein Andauern der Niedrigzinspolitk würde zu erheblichen gesellschaftlichen Verwerfungen führen. Sparen hätte gegenüber einem schuldenfinanzierten Leben nach dem Motto „Nach mir die Sintflut“ das Nachsehen. Auch wenn es irgendwann wieder zu einer Erhöhung der Zinsen kommen sollte, wird dies nicht ohne erhebliche Schmerzen ablaufen.
Was kann der Einzelne nun tun? Die Autoren zeigen hier unmissverständliche einige klare Wege auf:
- Menschen müssen zwingend für sich selber vorsorgen.
- Aneignung von Grundwissen zum Thema Geldanlage, um für sich neue Sparalternativen zu erschließen.
- Entwicklung einer krisenresistenten Anlagestrategie, die neben Bargeld auf Aktien, Anleihen und Rohstoffe (insbesondere Gold) setzt.
- Den kurzfristigen Konsum bremsen und dafür langfristig Sparguthaben für die eigene Vorsorge aufbauen.
Insgesamt ist das Buch sehr lesenswert. Das aktuelle Bild des Finanzsystems und der Wirtschaft sowie geeignete Handlungsalternativen werden sehr realistisch und zutreffend dargestellt.
Michael Herrmann, 5. Oktober 2019
Wichtiger Hinweis:
Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Anlageberatung oder Anlageempfehlung dar.
Trotz sorgfältiger Auswahl der Quellen und Prüfung der Inhalte kann von mir keine Haftung irgendeiner Art übernommen werden. Es kann keine Gewähr für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der in dieser Kategorie gemachten Angaben übernommen werden, und keine Aussage in dieser Ausarbeitung ist als solche Garantie zu verstehen.
Wertentwicklungen in der Vergangenheit stellen keine Garantie für die künftige Wertentwicklung eines Finanzinstruments dar.